Endlich ist es gelungen, Inge Hannemann [4] nach Berlin zu holen.
Inge Hannemann ist ehemalige Mitarbeiterin in der Arbeitsagentur, Whistleblowerin und HARTZ IV-Kritikerin. Inzwischen sitzt sie für DIE Linke in der Hamburger Bürgerschaft. Sie wendet sich nicht nur gegen HARTZ IV und die damit verbundenen Sanktionen, sie ist auch eine der prominentesten Befürworterinnen des Bedingungslosen Grundeinkommens.
Veranstaltungsankündigung: Inge Hannemann in Berlin
18. Oktober 2015
11.00 – 13.00
Peira-Matinee
Cum Laude das Restaurant
Humboldt-Universität zu Berlin
Am Festungsgraben, 10117 Berlin
Mit Whistleblowing wäre das nie passiert – Die Themenbeauftragten der Piratenpartei fordern Schutz für Hinweisgeber
Die jahrelangen Manipulationen bei VW wären wohl früher aufgedeckt worden, wenn es üblich und erlaubt wäre, Gesetzesverstöße, Korruption oder Missstände in Unternehmen und Behörden öffentlich zu machen („Whistleblowing“). Bei VW blieben die Stimmen von Mitarbeitern intern ungehört und drangen – aus Angst vor Konsequenzen nicht nach außen. Das zeigt, wie notwendig die Stärkung von Whistleblowern ist.
Das zeigt, wie notwendig die Stärkung von Whistleblowern ist.
Bekannt wurde das Thema durch die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden. Doch Whistleblower gibt es auch in Deutschland, von der Pflegkraft bis zur couragierten Jobcentermitarbeiterin Inge Hannemann. Allerdings kann von einem Whistleblowerschutz in der Bundesrepublik Deutschland bislang nicht die Rede sein. Im Gegenteil. Immer noch werden Whistleblower als Egoisten und Nestbeschmutzer diffamiert, verlieren ihren Job und werden kriminalisiert.
Das zeigt exemplarisch auch die Anzeige der Bundesanwaltschaft gegen die Herausgeber von netzpolitik.org. Die Internetplattform hatte Papiere des Verfassungsschutzes veröffentlicht, weshalb gegen sie wegen Landesverrats ermittelt wurde. Die Anzeige wurde zwar zurückgezogen, hat aber ihre einschüchternde Wirkung nicht verfehlt.
Aktuell plant Justiz-Minister Maas, die Weitergabe von geleakten Daten als „Datenhehlerei“ unter Strafe zu stellen. [2] Auch diese Strafverschärfung wendet sich gegen potenzielle Whistleblower, kritische Netzplattformen und investigative Journalisten. Dieser Vorstoß von Mass gehört sozusagen zum Kleingedruckten im Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung (VDS). Den meisten Abgeordneten im Bundestag dürfte nicht einmal bekannt sein, dass sie hier auch einer Aufweichung des Grundrechts auf Pressefreiheit zustimmen.
Dagegen setzt sich die Piratenpartei für eine allgemeine und umfassende gesetzliche Regelung zum Schutz von Whistleblowern ein [6], und fordert die Einrichtung von neutralen unabhängigen Anlaufstellen, die es ermöglichen, anonym Straftaten und Ethikverstöße zu melden.
Die Piratenpartei hält es ferner für dringend notwendig, die Pressefreiheit im Informationszeitalter dahingehend anzupassen, dass über die klassischen Journalisten hinaus Blogger und Informationsplattformen ebenfalls durch die Pressefreiheit geschützt werden. Wir wenden uns auch gegen den Versuch, die Weitergabe von geleakten Daten als „Datenhehlerei“ unter Strafe zu stellen und damit potenzielle Whistleblower, kritische Netzplattformen und investigative Journalisten unter Druck zu setzen. Außerdem fordern wir den Berliner Senat auf, Whistleblowern quasi „Asyl“ anzubieten und ihnen z.B. durch Unterstützung bei Wohnungs- und Arbeitssuche symbolisch und praktisch den Rücken zu stärken und so ein Zeichen für Zivilcourage zu setzen.
Themenbeauftragte für Whistleblowing
Als Beauftragte für Whistleblowing Berlin beschäftigen sich Tina Günter, Michael Ickes und Marsupilami für die Piratenpartei Berlin mit dem Thema.
Lange bevor durch die Enthüllungen von Edward Snowden, das Whistleblowing in aller Munde war, setzten sich die drei Pirat*innen für Whistleblower ein. Es begann 2011 mit Solidaritätsaktionen für Chelsea Manning (früher Bradley Manning), dem jungen Soldaten, der vertrauliche amerikanische Daten des US- Militärs an Wikileaks weitergeben hat. Sie vertreten die Piratenpartei im überparteilichen Manning-Netzwerk z.B. bei Mahnwachen vor der amerikanischen Botschaft, auf denen auf das Schicksal von Manning aufmerksam gemacht wurde. Manning saß Monate lang in den USA in Isolationshaft, musste teilweise nackt in seiner Zelle ausharren, so dass sich der UN-Folterbeauftragte und Amnesty International einschalteten. Inzwischen wurde er zu 35 Jahren Haft verurteilt.
Schon auf der Landesmitgliederversammlung der Piratenpartei Berlin 2012 verabschiedeten die Teilnehmer*Innen eine Solidaritätserklärung mit Chelsea Manning.[1] Außerdem wurde an der Australischen Botschaft ein Schreiben überreicht, das die Australier auffordert, sich dafür einzusetzen, dass der Gründer der Internetplattform Wikileaks Julian Assange nicht in die USA ausgeliefert wird.
Und dann kam Edward Snowden…
Dann hat der Snowden-Hype das Thema Whistleblowing plötzlich aus seiner Nische geholt. So entwickelte sich eine unserer Manning-Mahnwachen zu der vielbeachteten Solidaritätskundgebung mit den Masken von Manning und Snowden am Brandenburger Tor. In Tempelhof-Schöneberg forderten PIRATEN mit einer Unterschriftenaktion „Asyl für Snowden“. Im Europawahlkampf stellten wir Großplakate mit „Asyl für Snowden“ auf, die viel Beachtung fanden.
Vor dem Gebäude, in dem der NSA-Untersuchungsausschuss tagte, inszenierten wir ein Happening, in dem führende Piraten so taten, als begrüßten sie Snowden zu seiner Aussage vor dem Ausschuss. Diese Performance schaffte es bis in die Tagesschau.
Whistleblower in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es Whistleblower. Wir stellten eine Initiative ins Liquid-Feedback [3] (einem der Online-Meinungsbildung-Tools der Piratenpartei). Die Anregung in Deutschland lebende Whistleblower mehr ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu rücken und zu unterstützen, wurde im Landesverband mehrheitlich befürwortet.
Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Solidarität mit der ehemaligen Arbeitsvermittlerin Inge Hannemann, die wegen ihrer kritischen Haltung und ihrer Veröffentlichungen zur Anwendung der Sanktionspraxis in den Jobcentern von ihrer Arbeit freigestellt wurde. Sie ist nicht nur Whistleblowerin und HARTZ IV-Kritikerin sondern setzt sich auch für ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) ein, was ja auch eine der zentralen Forderung der Piratenpartei ist.
Darum haben wir uns sehr bemüht Inge Hannemann einzuladen und fanden endlich beim Peira e.V. positive Resonanz und einen passenden Rahmen. Wir freuen uns, Inge Hannemann [4] am 18. Oktober 2015 bei uns in Berlin begrüßen zu dürfen (siehe Veranstaltungsankündigung [5]).
Für die Themen-Beauftragten zum „Whistleblowerschutz“
Tina G | Tin-Te
Quellen:
[1] Solidaritätserklärung mit dem mutmaßlichen Whistleblower Bradley Manning – LMV2012.2 – http://tinyurl.com/aker5mh
[2] http://www.sueddeutsche.de/digital/netzpolitik-datenhehlerei-1.2676184
[3] Liquid Feedback https://www.piratenpartei.de/mitmachen/arbeitsweise-und-tools/liquid-feedback/
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Inge_Hannemann
[5] Peira e.V. – https://www.peira.org/veranstaltungen/
[6] http://wiki.piratenpartei.de/BE:Bundesparteiprogramm#Whistleblowerschutz