Angenommen auf der Landesmitgliederversammlung 2012.2
Freier Zugang zu öffentlich-rechtlichen Inhalten
In Anbetracht des gewandelten Mediennutzungsverhaltens kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem umfassenden Grundversorgungsauftrag nur dann in vollem Ausmaß nachkommen, wenn er seine Inhalte so weit wie möglich zeitunabhängig, speicherbar und für weitere Nutzungen frei zur Verfügung stellt. Ein freier Zugang zu von den Anstalten selbst produzierten Inhalten ist zudem schon deshalb geboten, weil sie über die Gebührenfinanzierung bereits von der Gemeinschaft bezahlt wurde.
Die im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingeführte Praxis der „Depublikation“, also der beschränkten Verweildauer von Inhalten in den Internetangeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wird weder dem Auftrag der Rundfunkanstalten noch dem Medium Internet gerecht. Die entsprechende Regelungen müssen durch eine Neuverhandlung des Rundfunkstaatsvertrags rückgängig gemacht werden.
Von den Anstalten selbst produzierte Inhalte müssen so weit wie möglich unter geeignete freie Lizenzen gestellt werden, die eine möglichst weitgehende Weiternutzung erlauben. Wir setzen uns dafür ein, dies mindestens in den Staatsverträgen zur Errichtung von rbb und ZDF festzuschreiben. Die Urheber sind dabei entsprechend der eingeräumten Rechte angemessen zu entlohnen.
Arbeit und Zusammensetzung des rbb-Rundfunkrats
Die Unabhängigkeit und Staatsferne der Rundfunkanstalten muss sichergestellt sein. Das Konzept der Vertretung gesellschaftlicher Gruppen in den Rundfunkräten ist dazu nicht grundsätzlich ungeeignet, ist in der Praxis jedoch oft trotzdem mit parteipolitischer Einflussnahme verbunden. Ein weiteres Problem liegt in der Unterrepräsentanz nicht zentralistisch organisierter gesellschaftlicher Gruppen.
Konkret ist für uns die erste Priorität, die Arbeit des rbb-Rundfunkrats transparenter und offener zu gestalten. Die grundsätzliche Öffentlichkeit seiner Sitzungen ist auf die Ausschüsse zu erweitern, Protokolle und andere relevante Dokumente müssen veröffentlicht werden. Potentielle Interessenskonflikte der Mitglieder des Rundfunkrats, insbesondere parteipolitische Bindungen, sind verbindlich offenzulegen.
Die Zusammensetzung des Rundfunkrats gehört auf den Prüfstand, um die angemessene Vertretung der Interessen relevanter gesellschaftlicher Gruppen sicherzustellen – zu nennen wären z.B. Menschen mit Behinderungen oder Lesben und Schwule. Ein Problem sehen wir in der deutlichen Überrepräsentanz von Vertretern von Religionsgemeinschaften. Denkbare Gegenmaßnahmen wäre es eine zusätzliche Vertretung von konfessionslosen Menschen oder die gemeinsame Vertretung der Religionsgemeinschaften mit einem einzelnen Sitz im Rundfunkrat.
Gebührenfinanzierung des Rundfunks
Die 2013 einzuführende Haushaltspauschale sehen wir als eine Lösung für die bisher durch die GEZ praktizierte Verletzung der Privatsphäre zahlreicher Rundfunkteilnehmer. Gleichzeitig lehnen wir eine Gebührenerhebung auf Zweitwohnsitze, Geschäftsbetriebe sowie außerhalb des Haushalts benutzte Computer oder Mobilfunkgeräte ab. Eine derartige Gebührenerhebung würde eine illegitime Doppelbelastung zusätzlich zur Haushaltspauschale bedeuten.
Wir sprechen uns darüber hinaus für eine Beibehaltung der Gebührenbefreiung für Studenten, ALG-II-Empfänger und Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen aus. Insbesondere bei Studenten soll die Einschränkung fallen, die derzeit lediglich BAföG-Empfänger zur Gebührenbefreiung berechtigt.
Programmvielfalt
Der Auftrag des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks zur Sicherstellung einer Grundversorgung an Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung muss sich logischerweise vor allem in der Bereitstellung von Angeboten niederschlagen, die nicht schon unter privatwirtschaftlichen Bedingungen entstehen. Entsprechend sind Rundfunkanstalten in ihren Programmaufträge dazu anzuhalten, in ihrem Programm die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden und sich auch für neue Programmkonzepte zu öffnen.
Medienkonzentrationsrecht
Zur Sicherung der Meinungsvielfalt ist ein Medienkonzentrationsrecht notwendig, das die Bildung von meinungsmächtigen Monopolen wirksam verhindert. Die derzeitigen Reformbestrebungen, die auf die Entscheidung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich im Fall der 2006 geplanten Übernahme Springer/ProSiebenSat.1 zurückgehen, sind insofern zu begrüßen, als eine hinreichend klare Regelung zu medienübergreifender Meinungsmacht derzeit fehlt. Dies darf aber nicht auf eine faktischen Deregulierung gerichtet sein.
Eine mögliche Ausweitung des Medienkonzentrationsrechts auf Internetangebote kann nur dort sinnvoll sein, wo diese eine dem klassischen Rundfunk vergleichbare Aufmerksamkeitsvorherrschaft haben. Da es der Vermeidung von Meinungsvorherrschaft dient, kann es nicht auf Angebote angewendet werden, die nur Aggregatoren oder Plattformen für Inhalte sind (wie z.B. Suchmaschinen, soziale Netze oder offene Wikis) und diese nicht stark tendenziös filtern.
Jugendmedienschutz
Der Ansatz, Konzepte wie verpflichtende Kennzeichnungen von Inhalten oder Sendezeiten aus dem klassischen Rundfunksystem auf das Internet zu übertragen, ist nichts anderes als absurd. Ein dezentrales System in dem jeder als Sender auftreten kann erfordert eine andere Herangehensweise. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir das Scheitern der letzten Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags. Jede zukünftige Weiterentwicklung des Jugendmedienschutzes muss dem Rechnung tragen; erfolgreiche Ansätze zum Jugendschutz im Internet haben die Stärkung der Medienkompetenz und die Einbeziehung aller Betroffenen zur Voraussetzung.
Urheber- und Leistungsschutzrecht
Das derzeitige Urheberrecht bedarf dringend einer Reform, um es an gesellschaftliche und technische Realitäten anzupassen. Auch wenn die Diskussion darum auf Bundesebene zu führen ist, halten wir es für richtig, wenn sich das Land Berlin hier positioniert und werden unsere eigenen Vorschläge einbringen.
Auf Landesebene stehen wir für eine möglichst freie Lizensierungspolitik. Auch hier gilt: Alle Informationen und Inhalte, die in öffentlichem Auftrag entstanden sind, müssen der Allgemeinheit grundsätzlich frei zur Verfügung stehen, einschließlich einer wie auch immer gearteten Weiternutzung.
Ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage, wie es zur Zeit diskutiert wird, lehnen wir als Angriff auf die Meinungsfreiheit im Internet und Spezialgesetzgebung zugunsten einiger weniger Unternehmen strikt ab. Soweit nötig und möglich werden wir unseren Widerstand auch auf Landesebene vorbringen.
Auskünfte nach dem Pressegesetz
Das Informationsrecht der Presse ist ein wichtiges Gut, das der Rechenschaft demokratisch legitimierten Handelns dient. Die im Berliner Pressegesetz geregelte Auskunftspflicht der Behörden muss daher konsequent durchgesetzt und wo nötig gestärkt werden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Mai 2012 (27 K 6.09), die den Begriff der Behörde weitgehend als von der öffentlichen Hand beherrschte bzw. öffentliche Aufgaben wahrnehmende Stelle auslegt.
Damit sich das Land Berlin auch in Zukunft nicht vor seinen Auskunftspflichten in die privatwirtschaftliche Sphäre flüchten kann, wollen wir dies im Pressegesetz expliziter festschreiben. Zudem sind die Auskunftspflichten in Pressegesetz und Informationsfreiheitsgesetz insoweit anzugleichen, als jede der Presse zustehende Information grundsätzlich auch jedem Einzelnen zusteht.
Panoramafreiheit
Die Panoramafreiheit – also das Recht auf die Verbreitung und Verwertung von Außenaufnahmen öffentlich sichtbarer Gebäude und anderer Werke – ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil der Freiheit von Presse und Kunst, sondern gerade durch die Praxis moderner Mediennutzung eine unverzichtbare Voraussetzung für die allgemeine Teilhabe am öffentlichen Raum. Einschränkungen der Panoramafreiheit wie sie im Zusammenhang mit Diensten wie Google Streetview in die Diskussion gekommen sind sind für uns daher nicht akzeptabel. Das Recht am eigenen Bild bleibt davon natürlich unberührt.
Darüber hinaus setzen wir uns wo möglich dafür ein, dass auch Aufnahmen in öffentlich zugänglichen Räumen keiner unnötigen Beschränkung unterliegen. Dies betrifft z.B. die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und die Berliner Verkehrsbetriebe, die Filmaufnahmen ihrer Anlagen zur Zeit untersagen.