Die Neuköllner Crew „fliegende Luftbrücke“, bestens bekannt durch ihre satirischen Beiträge zum Parteigeschehen, welche traditionell als „Pressemitteilungen“ veröffentlicht werden, hat mal wieder zugeschlagen.
Ihre neueste „Pressemitteilung“ hat intern für derartige Lacherfolge gesorgt, dass sie einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden sollte. Wir hoffen, dass dieser Beitrag düstere Regentage erhellt, zur Entspannung der Lage beiträgt und den exzellenten Ruf (!) der Berliner Piraten im Allgemeinen, sowie den unserer Brücklerinnen im Besonderen, erheblich befördern wird.
Als Meilenstein auf dem Wege zur Legendenbildung präsentieren wir stolz die neueste Pressemitteilung der Crew „fliegende Luftbrücke“ im Originaltext!
here we go:
Betr: Sticky Leetback : Crew „Fliegende Luftbrücke“ nimmt Regelbetrieb auf
Der Vorstand der Crew Fliegende Luftbrücke, auch Freiheitstribunal genannt, freut sich, den Betriebsstart der neuen Software mit dem Namen „sticky leetback“ bekanntgeben zu dürfen. Die Kontroversen der letzten Wochen auf Bundesebene, in denen es – zumindest an der Oberfläche – um die Einführung eines Tools zur Meinungsbildung ging, gaben der Crew Anlass zur Entwicklung der eigenen Software.
Im Rahmen einer Pressekonferenz anlässlich der Einführung von sticky leetback äußerten sich die Crewmitglieder wie folgt:
Sekretärsgeneral Fitz erläuterte die Grundzüge des Systems:
„Mit dem System wollen wir die Probleme an der Wurzel packen: Nach wie vor wird die unheilvolle Rolle sexueller Spannungen in unserer Partei schlicht geleugnet. Wir sind der Meinung, dass dieses Problem zuerst gelöst werden muss. Deswegen bietet unser System die Möglichkeit der strukturierten Artikulation und Verabredung zum Zwecke der Bedürfnisbefriedigung. Die getroffenen Vereinbarungen sind jederzeit revidierbar, sexuelle Ressourcen werden durch ein Delegationssystem permanent umverteilt, wodurch der für eine bestimmte Aufgabe kompetenteste Teilnehmer automatisch die entsprechenden Ressourcen kontrolliert. Auch Kreisdelegationen sind möglich und zunehmend beliebt. Für mich ein Beweis, dass ein Programmcode durchaus kommunikative Probleme lösen kann und sogar die politische Ideologie determiniert.“
Propagandaministerin Anne berichtete von den bisherigen Erfahrungen:
„Es lief sehr befriedigend. Eine seit längerem betriebene Testinstanz im Landesverband Berlin führte zu einer deutlichen Entspannung der Diskussionen auf der Berliner Mailingliste. Deswegen wagen wir nun den Schritt zur offiziellen Inbetriebnahme in unserer Crew. Natürlich bieten wir das System auch dem Bundesverband an, in der Hoffnung, dass in Zukunft auch dort die Piraten entspannter agieren können.“
Trotz des hoffnungsvollen Starts und breiter Akzeptanz mit drei von insgesamt fünf Stimmen bei der Crewmitgliederversammlung, gab es auch Kritik.
Ein anonymes Mitglied wies auf zahlreiche Bedenken hin, vor allem in Sachen Datenschutz:
„Wir Gegner hatten Schwierigkeiten, im direkten Gespräch zu einer klaren Gegenposition zu kommen. Letztlich haben wir beschlossen, diese im System selbst zu formulieren. Dadurch konnten wir einerseits das System zweckentfremden und andererseits eine konsistente Strategie zu seiner Abschaffung erarbeiten. Wir bestehen auf Anonymität des Systems. Sexuelle Vorlieben sind Privatsache. Um der Überwachungspartei 3.1 entgegenzutreten, haben wir unsere Profilbilder getauscht, zusätzlich tritt einer von uns unter falschem Namen an. Derjenige wird auch bei den Crewsitzungen von nun an seine Beiträge durch einen Vorhang sprechend äußern, um dem Datenschutz zu genügen. Verschiedenfarbige Benutzeroberflächen sowie absolute Manipulationssicherheit sind ebenfalls ein Muss. Ich vermisse die Bereitschaft zu Kompromissen.“
El Presidente versuchte, die Wogen zu glätten:
„Leider war ich zur Abstimmung nicht anwesend, dies wurde als Enthaltung gezählt. Trotzdem wird mir vorgeworfen, ich sei ein Gegner des Programms, weil mit dessen Implementierung meine Position in Gefahr gerate. Das zu behaupten ist infam und zeigt mangelnden Respekt vor meinem Amt und der Basis. Ich habe lediglich auf die Möglichkeit verwiesen, dass der Basis vielleicht nicht ganz klar war, wofür sie auf der Crewmitgliederversammlung gestimmt hat. “
Weiterhin Sekretärsgeneral Fitz zu den Interna des Einführungsprozesses:
„Die Abstimmung über die Einführung von ’sticky leetback‘ gestaltete sich etwas schwierig. Die Satzung verlangt für eine derartige Maßnahme eine 3/5-Mehrheit der Crewmitglieder, wobei 3 Mitglieder für die Einführung stimmten. Problematisch war hier, dass die Satzungsväter nicht spezifiziert hatten, ob genau 3 Stimmen oder mehr als 3 Stimmen vonnöten seien. Nachdem auch eigens engagierte Justiziare den Wahren Willen der Altvorderen nicht ermitteln konnten, brach eine konfliktreiche Wahrheitssuche zu dem Thema aus. Diese konnte erst durch entschlossenes Handeln und die faktische Einführung beendet werden. Dieses Vorgehen ist durch den sogenannten ‚Heilungsparagraphen‘ in der neuen und damit beschlossenen Satzung gedeckt, demzufolge bereits begangene Formfehler nachträglich beseitigt – ‚geheilt‘ – werden können.“
Der Chefideologe am Draht Wie de Hopf betonte am Schluss die allgemeineren Zusammenhänge:
„Im Grunde erleben wir gerade eine Miniaturvariante der Wehen, die die Geburt einer jeder neuen Institution begleiten. Auch im Staate wird eine sogenannte demokratische Verfassung von einigen Wenigen dem Rest der Menschen gebracht – wie die Tafeln vom Berge. Die sogenannte Legitimation ergibt sich erst nachträglich – durch den Vollzug und die gewonnenen Vorzüge, sowie durch die Präambel der Verfassung. Wir werden Ähnliches bei sticky leetback erleben.“