Immer wieder das gleiche Muster: Investoren bekommen den Zuschlag für bundes- oder landeseigene Immobilien, indem sie utopisch-fadenscheinige Absichten erklären, irgendwas mit Kunst und Kultur vorzuhaben. Investiert wird weiter nicht viel.
Nach ein paar Jahren, wenn die Location etabliert und Aufmerksamkeit geschaffen ist, die New York Times [1] schon mal berichtet hat [1] und im Umfeld die passende Infrastruktur wächst, stehen die Künstler*innen von einem auf den anderen Tag wieder auf der Straße. Die Immobilie wird weiterverkauft, steht jahrelang leer, bis schließlich teuer um-, aus- oder neugebaut wird. Was sich in Berlin derzeit im Kontext der Schließung des Stattbads Wedding [2] abspielt, lässt – wieder einmal – in diese Richtung denken. Andernorts könnte sich dieses Muster erneut wiederholen. Beim Dragonerareal [3] beispielsweise scheinen noch dazu Kulturschaffende, Wohnungssuchende und ebenfalls vom Aufwertungsdruck betroffenes Gewerbe gegeneinander ausgespielt zu werden .
Gleichzeitig wird gerade die Freie Szene, von Bildender Kunst bis Clubkultur, in Berlin regelmäßig von Stadtentwicklung und City-Marketing instrumentalisiert. Aktuell wieder einmal zu beobachten im Rahmen der Berliner Woche bei der Weltausstellung in Mailand [4]. Als Gegenleistung gibt es vage Versprechungen, Stichwort City Tax, die dann noch nicht einmal eingehalten werden, oder eher homöopathisch wirkende Aussichten wie beim zukünftigen Konzept der Volksbühne.
„Wir PIRATEN würden es wirklich sehr begrüßen, wenn der Senat sich beim Umgang mit kulturell genutzen oder nutzbaren Liegenschaften in öffentlichem Besitz nicht weiter selbst ad absurdum führt,“ so Claudia Simon, Themenbeauftragte für Kultur der Berliner Piratenpartei. „Dazu gehört, wie von uns gefordert [5], ein konsequentes Umdenken in der Liegenschaftspolitik, so dass Nutzende gegenüber Geschäftsmodellen bevorzugt werden und das Höchstbietergebot ein für alle Mal fällt. Die groteske Naivität in Bezug auf Investorenversprechen muss ebenfalls ein Ende haben. Das Land Berlin muss sich klar dazu bekennen, Rahmenbedingungen wie Vergabepraxis zu verbessern und sich auch nachdrücklich dafür beim Bund einsetzen. Ohne ein eindeutiges Commitment seitens des Senats und der relevanten Verwaltungen, bis hin zu den Bezirken, werden Kunst und Kultur in Berlin weiter prekarisiert – und der bereits einsetzende Art Drain wird mangels nachhaltiger Perspektiven weitergehen.“
Quellen:
[1] http://www.nytimes.com/2014/10/19/travel/12-treasures-of-europe.html
[2] http://www.abendblatt-berlin.de/2015/05/31/viele-fragen-offen/
[3] http://www.taz.de/Umstrittener-Immobilienverkauf/&215015290/, http://upstall.de/
[4] http://www.sei.berlin.de/berlin-live/berlin-woche-zur-expo-mailand
[5] https://wiki.piratenpartei.de/BE:Grundsatzprogramm#Kunst-_und_Kulturpolitik
Weiterführende Links:
* Positionspapier Kulturpolitik Berlin https://kunstsquad.wordpress.com/2014/03/03/piraten-berlin-positionspapier-kulturpolitik-auf-der-lmv-beschlossen/x
* Aktuelle SMV-Initiative „Bestandsschutz für Berliner Clubszene unterstützen“ https://smvb.net/lf/initiative/show/116.html
* Liquid Feedback Initiative Clubkultur (2013) https://lqpp.de/be/initiative/show/2540.html
Foto:CC BY-SA 3.0 http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Nicor