Der von Senator Heilmann vorgelegte Jahresbericht [1] zur Funkzellen-Abfrage lässt die schlimmsten Befürchtungen wahr werden. Seit 2013 sind die Einsätze stetig gestiegen, obwohl es keinen zu rechtfertigenden Bedarf oder Nachweis der Nützlichkeit gibt. Waren es 2013 noch 305 Einsätze, 2014 rund 500, so lässt das erste Quartal mit 167 auf eine Jahresbilanz 2015 von über 660 Einsätzen und damit fast doppelt so vielen Verletzungen der Privatsphäre schließen.

Bruno Kramm [2], Vorsitzender der Piratenpartei Berlin, hierzu:

Der Einbruch durch die Polizei in die Privatsphäre der Berliner*innen wird zur Normalität. Zu Vorratsdatenspeicherung und Bestandsdatenauskunft gesellt sich die Funkzellenabfrage, die in Berlin still und leise zum alltäglichen Ermittlungsinstrument geworden ist, ohne gesetzliche Vorgaben zu befolgen. Dabei ist dieser massenhafte Zugriff auf Smartphones und Mobiltelefone durch Polizei und Behörden in keiner Form verhätnismäßig. Mit der Argumentation unbekannte Täter ausfindig machen zu wollen, die bei Demonstrationen Straftaten verüben könnten, wird wie bei der verfassungsrechtlich fragwürdigen Vorratsdatenspeicherung das Totschlagargument „Schutz vor Verbrechen“ überstrapaziert. Dabei haben diverse Studien bewiesen, dass diese Maßnahmen zu keiner Verbrechensprophylaxe führen. Wer sich zufällig am falschen Ort befindet oder seinem Demonstrationssrecht nachgeht, wird ungerechtfertigt zum transparenten und “gläsernen” Bürger. So sammeln die Behörden unkontrolliert Abertausende von Verkehrs- und Bestandsdaten, denn der Einsatz der Funkzellenabfrage wird in der Regel unzureichend geprüft und personenbezogene, unrechtmässig gesammelte Daten häufig nicht einmal gelöscht. Im Gegenzug erfahren die Geschädigten so gut wie nie von diesem Einbruch in ihre Privatsphäre und können sich deshalb auch nicht gegen diesen Grundrechtsbruch wehren.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen, die sich überwacht fühlen, ihr Verhalten verändern und zum Beispiel auf Grundrechte wie das Demonstrationsrecht verzichten, um nicht aufzufallen. Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung und Quick Freeze, Quellen-TKÜ (Quellentelekommunikationsüberwachung) und Funkzellenüberwachung weichen den Datenschutz auf und greifen tief in die Freiheit der Menschen und die Struktur eines freien Netzes ein. Die Nutzungsarten dieser einmal erstellten Daten lässt sich ebenso wenig kontrollieren wie die Integrität der verletzten Privatsphäre.
Mittels digitaler Datenforensik und Big Data können Bewegungsprofile erstellt und mit geschäftlichen wie privaten Kontakten kombiniert werden. Anhand der Verbindungsdaten sind Rückschlüsse auf die Observierten möglich und liefern dem Staat auch Infomationen über gesellschafliches Engagement oder Kontakte zu Rechtsanwälten oder Ärzten.

PIRATEN lehnen die anlasslose, massenhafte Überwachung wie in der Vorratsdatenspeicherung (VDS), Quellen TKÜ, Bestandsdatenauskunft und Funkzellenabfrage ab.

Quellen:
[1] Jahresbericht: http://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2015/pressemitteilung.346224.php
[2] zum Blog von Bruno Kramm: http://brunokramm.wordpress.com/

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