Die Piraten Berlin hatten am 29.4. zu einer Protestkundgebung vor dem Bundeskanzleramt und anschliessendem Trauermarsch zur türkischen Botschaft unter dem Motto „Keine Macht dem Erdowahn – Freiheit statt Zensurwahn“ aufgerufen, um auf die ständigen Zensurversuche und Eingriffe in die europäische Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit des türkischen Präsidenten Erdogan hinzuweisen und um die unmenschlichen Folgen für die syrischen Flüchtlinge durch den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal zu thematisieren.
Nach einem Trauermarsch mit zugeklebten Mündern durch den Tiergarten zur Botschaft wurde vor einem temporären Mahnmal in Form einer stählernen Friedenstaube, die sich von einem symbolischen, von Stacheldraht umgrenzten Mauerstück erhebt, Blumen und Grablichter für die getöteten syrischen Flüchtlinge und kurdischen Familien abgelegt. In dessen Verlauf trug der Vorsitzende der Piraten Berlin ein kurzes Gedicht vor, das auch die Wörter der Zeile „Kurden treten, Christen hauen“ des verbotenen Schmähgedichtes in verschiedenen Variationen rekombinierte. Die Polizei sah davon ab, die Trauerfeier vor der Botschaft zu beenden, ermittelt aber wegen des Verstoßes gegen Demonstrationsauflagen gegen den Landesvorsitzenden. Die Auflage, auch kleinste Teile des Gedichtes nicht vor der türkischen Botschaft vorzutragen, wurde vor der Veranstaltung auf alle öffentliche Räume erweitert.
Erdogan hat in Berlin durch das Verwaltungsgerichtsurteil erreicht, was er im eigenen Land seit Jahren erfolgreich betreibt: Er schüchtert Menschen mit Verboten und juristischem Vorgehen ein und unterbindet jede Kritik und sogar die Nennung von Fakten im Keim. Der Satz „Kurden treten, Christen hauen“ ist eine einfache Beschreibung der Situation der Kurden und Christen in der Türkei, deren Nennung mittlerweile strafrechtliche Ermittlungen nach sich zieht. Ein Beleg für den Dammbruch von Zensur und des Grundrechts auf Meinungsfreiheit. Statt den cholerischen Potentaten vom Bosporus ständig mit sich verschärfenden Zensurgefälligkeiten bei Laune zu halten, muss jetzt Europa mit einer Stimme die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei thematisieren und den unsäglichen Flüchtlingsdeal mit der Türkei aufkündigen, denn Menschenrechte sind unteilbar!
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fasst Bruno Kramm das Geschehen zusammen. Natürlich werden die Piraten Berlin auch weiterhin jeden Freitag demonstrieren und trotz Auflagen und Verboten die Wahrheiten vor der türkischen Botschaft auszusprechen.
Fotonachweis: Mike Herbst