Bericht von Andreas Schramm, Rechtsanwalt, Vertreter der PIRATEN Berlin beim Wahlprüfungsverfahren

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (AZ.: VerfGH 154/21) hat am 16.11.2022 seine Entscheidung im Saal des Kammergerichts Berlin über die Gültigkeit der Wahlen (Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen) vom 26. September 2021 verkündet.

BEIDE Wahlen sind danach ungültig, sie sind zu wiederholen.

In seiner Urteilsbegründung wiederholte das Gericht im Wesentlichen seine Ausführungen aus der mündlichen Verhandlung vom 28.September 2022.

Die Wahlen 2021 wurden danach vollkommen unzulänglich vorbereitet und mussten quasi in dem dann eingetroffenen Wahlchaos enden. Damit seien diverse Wahlrechtsgrundsätze, etwa die Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl bzw. der Öffentlichkeitsgrundssatz verletzt worden. 

Die systematischen Fehler in der Vorbereitung und am Wahltag waren auch mandatsrelevant. Insoweit gelte der Grundsatz der „potentiellen Kausalität“, d.h. es reicht, wenn ein Wahlfehler Einfluss auf die Sitzverteilung haben kann. 

Dies stehe für das Gericht vorliegend im Hinblick auf die Häufung und Schwere der nachgewiesenen Fehler wie aber auch im Hinblick auf das systematische Versagen bei der Vorbereitung der Wahl fest. Hierzu bedürfe es keiner weiteren Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen/Sachverständigen.

Bei der dann folgenden Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse am gewählten Parlament und dem Interesse an einer Korrektur des unrechtmäßig zustandegekommenen Wahlergebnisses, überwiege das Korrekturinteresse. Ein verfassungskonformes Wahlergebnis sei nur durch eine komplette Wiederholung der Wahlen zu erreichen. 

Dies betreffe auch die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen, da diese nicht losgelöst von der Wahl zum Abgeordnetenhaus betrachtet werden können.

Das Gericht äußerte sich alsdann zu den Folgen seiner Entscheidung wie folgt:

1. Alle getroffenen Rechtsakte bleiben wirksam (bis zur Neukonstituierung)

2. eine Wiederholungswahl hat innerhalb von 90 Tagen zu erfolgen; für die Wahlwwiederholung gelten die nachfolgenden Vorschriften: 

-> §§ 21 ff des Landeswahlgesetzes, § 78 Landeswahlordnung

Die gerichtliche Entscheidung erging mit 7:2 Stimmen.

Die näheren Einzelheiten und das vollständige Urteil des Verfassungsgerichtshofes findet sich hier: 

https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1265423.php

Ergänzung von mir (Andreas Schramm):

Der Berliner Senat hat zwischenzeitlich erklärt, dass er die gerichtliche Entscheidung akzeptiert. Landeswahlleiter Bröchler wird als Termin zur Wiederholungswahl Sonntag, den 12. Februar 2023 festsetzen und dies am Freitag im Amtsblatt bekanntgeben.

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