Statement der Piratenpartei Deutschland Berlin zu den aktuellen Ereignissen in Hamburg:

Die blinde Zerstörungswut, die Hamburg in den vergangenen Tagen getroffen hat, lässt uns schockiert zurück. Die PIRATEN Berlin wünschen allen Verletzten schnelle Gesundung und fordern absolute Transparenz und Rechtsstaatlichkeit bei der Aufklärung aller Vorgänge. Für die betroffenen Privatpersonen, Gewerbetreibenden und Unternehmen hoffen wir, dass sie schnell und unbürokratisch die nötigen finanziellen wie psychologischen Hilfen zur Kompensation der Schäden erhalten. Der Hamburger Senat und die Bundesregierung sind hier gleichermaßen in der Pflicht. Bei ihnen liegt die Verantwortung dafür, was infolge der Entscheidung geschehen ist, dieses nahezu ergebnislose und mit mindestens 130 Millionen Euro sinnlos kostspielige Polit-PR-Event aus Wahlkampf- und Imagegründen im Herz einer Millionenstadt wie Hamburg – und noch dazu in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Schanzenviertel – stattfinden zu lassen.

Schockierend ist vor allem, wie Bürgermeister, Innensenator und Einsatzleitung der Polizei von Anfang an mit unkooperativem, geradezu feindseligem Verhalten versucht haben, alle Manifestationen der Kritik am Gipfeltreffen der Reichen und Mächtigen zu erschweren oder gar zu verhindern. Die Liste der staatlicherseits begangenen Grundrechtsverletzungen und Gesetzesbrüche ist lang und skandalös: Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrecht, Pressefreiheit, Verhältnismäßigkeit, unterlassene Hilfeleistung, verbale und physische Angriffe auf Rechtsanwält*innen, Parlamentarische Beobachter*innen, Sanitäter*innen, Körperverletzung Unbeteiligter und mehr. Hinzu kommt die Einschränkung weiter Teile des öffentlichen Lebens in Hamburg, wodurch vor allem die Einwohner*innen zu leiden hatten – manche sagen: in Geiselhaft genommen wurden. Dies ist unserer Demokratie, unserem Rechtsstaat in keinster Weise würdig. Und es ist zu befürchten, dass Kritik seitens der Bundesregierung an undemokratischen, repressiven Zuständen in einigen der am Gipfel teilnehmenden Staaten von diesen zukünftig noch weniger ernst genommen wird – jetzt allerdings leider begründet.

G20-GIPFEL IN HAMBURG – UND WAS JETZT? PIRATEN FORDERN ERGEBNISSE!

BEIM G20-GIPFEL BLEIBT KEIN PLATZ FÜR MEINUNGSFREIHEIT!

EINLADUNG

Bericht aus Hamburg (mit anschließender Diskussion)
Dienstag, 11. Juli 2017, 18.30 Uhr
Landesgeschäftsstelle der Piratenpartei Deutschland Berlin
Pflugstr. 9a
10115 Berlin


Eindrücke einer Berliner Piratin, die von Donnerstag- bis Samstagnachmittag an verschiedenen Demonstrationen in Hamburg gegen den G20-Gipfel teilgenommen hat:

„Besonders entsetzt bin ich wie viele andere über der schier unfassbare, provokante und anscheinend auf Einschüchterung – wenn nicht sogar Verhinderung – der Proteste ausgelegten Machtdemonstration und Gewaltbereitschaft der Polizei. Ich habe selbst mit einer Angst, die ich so bisher nicht kannte, die Situation am Donnerstagabend am Fischmarkt miterlebt. Wir – tausende friedlich Protestierende – wurden ohne Rückzugsmöglichkeit über Mauern und Treppen ineinander und in Polizeiketten und Reizgas-Kanonaden der Wasserwerfer getrieben. Es ist pures Glück und vielleicht nur der Erfahrung und Besonnenheit der an der Demonstration Teilnehmenden zu verdanken, dass es hier nicht zu einer Massenpanik mit mehr Verletzten oder gar Toten gekommen ist. Dabei hat es vor Ort Warnungen gegeben, dass hier eine ähnliche Katastrophe wie damals bei der Loveparade in Duisburg passieren könnte.

Auch die Situation am Donnerstagabend im Schanzenviertel habe ich miterlebt. Schon am frühen Abend war zu erkennen, dass sich unter die diversen den Protesten zugehörigen Gruppen und die vielen Anwohner auch zunehmend betrunkene und sich des Ernsts der Lage nicht bewusste, neugierige „Partypeople“ und mehr und mehr völlig unpolitische Menschen, die wohl einfach nur „kämpfen“ wollten, mischten. Dass die Polizei hier immer wieder zunächst eher schwach konfrontative Situationen am Rand der Schanze eskalierte und die Menschen in die Schanze hineintrieb, ist mir völlig unverständlich. Und dass schwerbewaffnete SEK-Einheiten mit ihren scharfen Sturmgewehren vorgeblich zwecks Ausleuchtung auf Anwohner in Fenstern zielen, hätte ich bis zum letzten Donnerstag in Deutschland so nicht für möglich gehalten.

Besonders in Erinnerung bleiben werden mir die Augenzeugenberichte der Demo-Sanitäter*innen, deren Arbeit wir mit einem Safe Space in der Landesgeschäftsstelle der Piraten Hamburg unmittelbar hinter der Roten Flora unterstützt haben. Es hat massive Behinderungen durch die Polizei bei Versorgung und Abtransport von Verletzten gegeben. So konnten für Schwerstverletzte bereitstehende Rettungswagen nicht genutzt werden, obwohl diese dazu eigentlich verpflichtet sind. Sanitäter*innen wurden mit Ingewahrsamnahme bedroht, falls sie weiter Verletzte behandeln würden, so dass die Sanis sich zurückziehen mussten. Und es soll neuartiges, besonders heftiges Reizgas eingesetzt worden sein, gegen das auch die besten Gasmasken der Sanis nur noch begrenzt helfen konnten.

Dass die Polizei bei der Großdemo am Sonntag wegen einer Handvoll Vermummter inmitten von bald 100.000 Demonstranten quer durch alle Bevölkerungsschichten eingegriffen hat, ist mir ein Rätsel. Welche nennenswerte Gefahr soll es hier gegeben haben? Der „schwarze Block“ lief doch mehrheitlich mit erhobenen Händen. Und bei der Abschlusskundgebung, ein fröhliches Fest des Protests, waren in unmittelbarer Nähe von allen Seiten und mit Blaulicht Wasserwerfer und Räumpanzer auf die zehntausende Menschen am Millerntor gerichtet. Verhältnismäßigkeit und Wille zu Deeskalation konnte ich auch hier nicht erkennen.“

Was denkst du?