Die neueste OECD-Studie, in Auftrag gegeben vom Bundesministerium für Arbeit, legt die eklatanten Mängel der deutschen Einwanderungspolitik offen und offenbart ein System, das hochqualifizierte Arbeitskräfte eher abweist als anzieht. Die Untersuchung zeigt, dass von den knapp 29.000 Befragten, die sich für eine Arbeitsstelle in Deutschland interessierten, lediglich fünf Prozent tatsächlich den Schritt nach Deutschland gemacht haben. Mehr als 92 Prozent leben noch im Ausland, und erschreckenderweise haben weniger als 15 Prozent konkrete Schritte unternommen, um diesen Zustand zu ändern. Dies ist ein vernichtendes Urteil für ein Land, das dringend Fachkräfte benötigt.
Traurig daran: Es handelt sich hier um angehende oder sogar voll ausgebildete Pfleger*innen, Informatiker*innen, Ingenieur*innen. Deutschland verliert nach den Hochrechnungen hunderttausende hochqualifizierte Arbeitskräfte. Überspitzt könnte man sagen, dass Diskriminierung und Bürokratie der Grund sind, warum unser Fachkräfteproblem überhaupt weiter besteht.
Thomas Liebig von der OECD führt die geringe Anziehungskraft Deutschlands auf zwei Hauptprobleme zurück: Die Schwierigkeit, überhaupt mit deutschen Arbeitgebern in Kontakt zu treten, und die ineffizienten Visastellen im Ausland. Diese Erkenntnisse sind ein klares Signal, dass das bestehende System reformbedürftig ist.
Hinzu kommen leibliche Erfahrungen von Diskriminierung bei der Wohnungssuche, bei Behörden und in der Öffentlichkeit, aber auch in Geschäften und Restaurants.
Parallel dazu verdeutlicht der Fall von Dr. Franz-Josef Schmitt, dem Vorsitzenden des Berliner Landesverbands der Piratenpartei, ein weiteres gravierendes Problem. Die Geschichte seiner Freundin, einer Pflegekraft mit vier Jahren Erfahrung im deutschen Krankenhaussystem, die trotz zweimaliger Einreichung der erforderlichen Unterlagen keine Rückmeldung von der Einwanderungsbehörde erhalten hat, zeigt einen Einzelfall, der symptomatisch für das Gesamtgefüge sein dürfte. Dies trifft beide zu Unzeiten, denn Ende 2022 sind sie glückliche Eltern geworden.
„Meine Freundin hat nur noch ein gültiges Visum bis 15. März 2024. Seit Anfang November hat sie zweimal Unterlagen eingereicht und gar keine Reaktion der Einwanderungsbehörde, nicht mal eine Eingangsbestätigung, Wir fürchten nun, dass sie nach der Elternezeit nicht weiter arbeiten darf – als Pflegerin mit 4 Jahren Erfahrung im deutschen Krankenhaussystem , u.a. auf einer Corona-Station. Viele Freundinnen von ihr, u.a. ihre ehemalige Mitbewohnerin, auch Pflegerin, haben aufgrund ähnlicher Erfahrungen bereits entschieden, Deutschland wieder zu verlassen. Teilweise mit Partnern, die ebenfalls in der Pfege arbeiten. Die bereits gut integrierten und dringend benötigten Fachräfte verlassen das Land. Nach den Hochrechnungen, die die OECD-Studie möglich macht, sind uns deshalb schon hunderttausende Fachkräfte verloren gegangen. Ein großer Anteil aller Fachkräfte, die uns überhaupt fehlen. Vermutlich hätten wir gar kein Fachkräfteproblem, wenn wir eine bessere Willkommenskultur, effizientere digitale Behörden und weniger Rassismus in der Bevölkerung hätten.“ so Dr. Schmitt.
Dieses persönliche Beispiel steht stellvertretend für ein System, das nicht nur ineffizient, sondern auch inhuman ist. Dr. Schmitts Sorge, dass Deutschland aufgrund dieser bürokratischen Hürden hochqualifizierte Fachkräfte verliert, lässt sich nun belegen.
Die Piratenpartei Berlin sieht in diesen Missständen verfehlte Einwanderungspolitik und eine riesige verpasste Chance für Deutschland, seinem Fachkräftemangel Abhilfe zu schaffen. Es ist an der Zeit, dass wir ein Einwanderungssystem schaffen, das auf Effizienz, Transparenz und Menschlichkeit basiert. Wir fordern:
- Vereinfachung des Visaverfahrens: Die Prozesse müssen digitalisiert und beschleunigt werden, um den Fachkräften einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu ermöglichen.
- Direkte Kommunikationskanäle: Die Schaffung von Plattformen, die es Einwanderungswilligen ermöglichen, direkt mit potenziellen Arbeitgebern in Deutschland in Kontakt zu treten.
- Transparente und schnelle Verfahren: Eine Garantie für die Bearbeitung von Visaanträgen und anderen relevanten Unterlagen innerhalb festgelegter Fristen.
- Unterstützung bei der Integration: Die Bereitstellung von umfassenden Integrationsprogrammen, die nicht nur die Sprache, sondern auch kulturelle Aspekte umfassen.
- Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen: Eine Vereinfachung der Anerkennungsverfahren für im Ausland erworbene Qualifikationen.
Die Situation, wie sie die OECD-Studie darlegt, ist untragbar und erfordert sofortiges Handeln. Deutschland kann es sich nicht leisten, aufgrund bürokratischer Hürden und ineffizienter Verfahren hochqualifizierte und motivierte Arbeitskräfte zu verlieren. Es ist Zeit für eine Kehrtwende, für eine Politik, die Menschen willkommen heißt statt sie abzuschrecken. Die Piratenpartei Berlin steht bereit, um hier für diese notwendigen Veränderungen zu kämpfen.