Der für die Einführung der E-Akte in Berlin 2016 festgelegte Zeitplan im Berliner E-Government-Gesetz am 01. Januar 2023 berlinweit zu starten, ist nun endgültig aufgrund einer fehlerhaften 200-Millionen-schweren Ausschreibung implodiert.
In den Medien wurde von einer schriftlichen Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus berichtet, in der die Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik Sabine Smentek (SPD) auf die Frage, ob die Einführung der eAkte flächendeckend bis 1. Januar 2023 realistisch sei, mit einem klaren „Nein“ antwortete.
Hierzu kommentiert Michael Konrad, Verordneter der PIRATEN in der BVV Mitte:
E-Government, Digitalisierung, E-Akte und Co bleiben für die Berliner Landesregierung weiterhin Neuland, mit dem offensichtlich nach wie vor stark gefremdelt wird.
Verzögerungen in der fristgerechten Umsetzung zeigten sich bereits länger. Kommuniziert wurde hier schwammig, getreu dem Motto: Ein Wunder wird schon kommen – oder eine neue Landesregierung 2021 wird die Karten neu mischen.
Die aktuelle Coronakrise zeigt, wie wichtig Digitalisierung in allen Bereichen ist.Es muss auch nicht die eierlegende Wollmilchsau sein, die man offensichtlich mit dieser Ausschreibung finden wollte.
Dass es anders geht, wurde gerade ebenfalls in der Coronakrise gezeigt: Da wurde dann innerhalb kurzer Zeit die Exceldatenerfassung mit einem Programm unterstützt, welches die Datenerfassung, Verfolgung und Meldung deutlich vereinfacht.
Wenn die Verwaltung will, kann sie Dinge bewegen.
Offensichtlich will sie bei der E-Akte nicht wirklich – die internen und eigenen Widerstände sind offensichtlich immer noch zu groß.
Das wird bei allen Projektbeteiligten viel Resignation und Demotivation erzeugen.
Gleichzeitig werden alle Prozesse in allen Bezirken durch verschiedene Teams aufgenommen, um daraus einen Sollprozess zu modellieren.
Michael Konrad führt weiter aus:
Das Projektmanagement ist offensichtlich nicht wirklich darauf ausgelegt, das Ziel 2023 zu erreichen.
Anstatt auf überschaubare und längst realisierbare Teilprojekte umzusteuern, wurde eine 200 Millionen schwere Ausschreibung erstellt, die allein durch ihre Größe sehr viele Risiken beinhaltet. Nur einige wenige Leuchtturmprojekte, wie zum Beispiel die Online-KFZ-Zulassungsstelle , konnten bisher freigeschaltet werden.
Der Bereich Homeoffice für die Verwaltungsmitarbeiter, mit seinen wesentlichen Bestandteilen aus Zugang ins Verwaltungsnetz sowie Kommunikationstools inklusive Telefonkonferenzen, wurde vernachlässigt. Dass das gerade jetzt in der Coronakrise insbesondere den Bezirksverwaltungen auf die Füße fiel, wundert mich nicht.
Ich hoffe, dass in dem Gesamtprojekt der Fahrplan hinterfragt wird, um wenigstens, wenn auch nicht flächendeckend, in ersten Ämtern die E-Akte nutzen zu können. Vielleicht weniger unrealistische und viel zu ambitionierte Projekte probieren, sondern besser mit den Kernfunktionen starten und später nach und nach weitere Funktionen integrieren – eben „Agile Projektabwicklung“